Doing Family

Das Projekt Doing Family

Das Projekt Doing Family wurde von der Metropolitankonferenz Zürich und vom Amt für Jugend und Berufsberatung Kanton Zürich finanziert. Es hat zum Ziel, herauszufinden, wie Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hand für Familien gestaltet werden können, so dass sie allen Familienformen gerecht werden. Handlungsleitend ist die Hypothese, dass bestimmte Familienformen beim Zugang zu den Hilfen benachteiligt sind. Das Ergebnis des Projekts sind konkrete Empfehlungen an Kantone und Gemeinden zur Optimierung der Unterstützungsleistungen für Familien.

Das Projekt Doing Family startete im April 2016 mit der Vergabe von drei Forschungsaufträgen (A1-A3).

A1: Was ist Familie? Eine historische Analyse der Universität Basel

  1. Bilder und Vorstellungen von „Familie“ sind nicht naturgegeben, sondern abhängig von kulturellen, religiösen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die in den jeweiligen Epochen vorherrschen.
  2. Gleichzeitig wirken die Alltagspraktiken der Menschen auf die strukturellen Rahmenbedingungen ein, womit „Doing Family“ ein wechselseitiger Prozess ist.
  3. Derzeit treffen die sich immer stärker ausdifferenzierten und individuell unterschiedlichen familialen Lebensformen nach wie vor auf Gesetze und sozialstaatliche Unterstützungssysteme, die sich einseitig am bürgerlichen Familienideal orientieren.
  4. Die Herausforderung besteht darin, politische, gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, welche der heutigen Vielfalt an verschiedenen familialen Lebensformen gerecht werden.
  5. Die Orientierung an heutigen Lebensrealitäten muss einerseits lokal und andererseits regional beziehungsweise überregional geschehen. Familienpolitik ist nur erfolgreich, wenn sie auf allen Ebenen stattfindet.

Eine Kurzversion der Studie finden Sie hier und mehr Angaben zum Teilprojekt hier.

Die Analyse wurde in einem Kurzfilm zusammengefasst - schauen Sie sich das nachfolgende Video an:

A2: Was leistet Familie? Eine betriebswirtschaftliche Darstellung des Familienalltags als Herstellungsprozess. Von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW)

  1. Bei den Hilfen der öffentlichen Hand geht es darum, die Leistungserstellungsprozesse von Familien zu untersuchen und den Unterstützungsbedarf zu ermitteln. Wichtig ist, herauszufinden, ob die Betriebsmittel oder die Sinnstiftung/Identität gestört sind. Es reicht nicht, nur das eine zu unterstützen, denn die Unterstützung des einen hat immer auch eine Auswirkung auf das andere.
  2. Einem Unternehmen Kapital zuzuführen, das in Schieflage geraten ist, führt noch nicht dazu, dass es gute Produkte herstellt. Analog ist es nicht damit getan, "Betriebsmittel" für Familien bereitzustellen. Selbstverständlich gibt es Unterstützungssysteme, die auf die Betriebsmittel zielen, wie beispielsweise die Sozialhilfe. Doch dahinter steckt eine bestimmte Absicht – die Sicherung der Subsistenz. Sozialhilfegelder an die Familien zu geben bedeutet, kurzfristig ein Problem zu lösen. Der Gedanke dahinter lautet, den Leistungserstellungsprozess in der Familie am Laufen zu halten durch die Sicherung eines Minimums an Produktionsmitteln.
  3. Andere Hilfen zielen dagegen bewusst auf die Identität und Sinnstiftung in Familien, beispielsweise die Sozialpädagogische Familienbegleitung. Die Absicht ist es, erzieherische Ressourcen in der Familie zu aktivieren. Der Gedanke dahinter lautet, den Leistungserstellungsprozess in der Familie zu optimieren. Dies hat immer die Dimension von "Produktionsqualität". Hilfen aus Unterstützungssystemen werden immer dem "Familiensinn" unterworfen. So können Unterstützungsleistungen etwa Teil der Identität der Familie werden. Das bekannte Beispiel ist die Langzeitarbeitslosigkeit, die manche Familien tief in ihre Sinnstiftung inkorporieren.

Die vollständige Analyse finden Sie hier.

A3: Was leistet der Staat für Familien? Eine Untersuchung von INFRAS

  1. Viele familienpolitische Instrumente sind ungenügend und noch längst nicht flächendeckend ausgestaltet. Um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, Familienarmut wirkungsvoll zu bekämpfen und allen Kindern eine gute Bildung zu ermöglichen, braucht es zusätzliche Anstrengungen. Damit verbunden sind auch zusätzliche Kosten, zum Beispiel in Folge eines Ausbaus des familienergänzenden Betreuungsangebots und der zusätzlichen Subventionierung der Elterntarife.
  2. Mittel- bis langfristig zahlen sich Investitionen der öffentlichen Hand aus (INFRAS/Universität St. Gallen 2016). So profitieren Gemeinden und Kantone von zusätzlichen Steuereinnahmen aufgrund der erhöhten Erwerbspensen. Zudem können sie Sozialausgaben einsparen, weil Familien im Scheidungsfall oder bei Arbeitslosigkeit eines Elternteils einem geringen Armutsrisiko ausgesetzt sind. Auch im Alter ist das Armutsrisiko kleiner, weil insbesondere Frauen höhere Renten erhalten.
  3. Am stärksten lohnen sich Investitionen in die frühe Kindheit: Je früher Bildungs- und Fördermassnahmen einsetzen, desto höher ist deren Rentabilität. Diese ergibt sich unter anderem durch Einsparungen im Schul-, Jugend- und Erwachsenenalter, zum Beispiel durch tiefere Kosten für Stütz- und Fördermassnahmen, Krankheit, Erwerbslosigkeit, Sozialhilfe oder Justizmassnahmen sowie durch mehr Steuereinnahmen aufgrund von besseren Einkommen als Folge höherer Bildungsabschlüsse.
  4. Die Investitionen in die Familienpolitik lohnen sich auch aus wirtschaftlicher Sicht: So profitieren die Unternehmen sowohl in der kurzen wie auch in der langen Frist von der besseren Verfügbarkeit und Qualifikation der Fachkräfte.

Die vollständige Analyse finden Sie hier.

Die Resultate dieser drei Teilprojekte A1-A3 dienten einer Begleitgruppe als Grundlage zur Formulierung von provisorischen Empfehlungen. Diese wurden in verschiedenen fachlichen und politischen Gremien diskutiert und zu konkreten Empfehlungen weiter entwickelt. Folgende Institutionen waren an der Weiterentwicklung beteiligt: